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Sie war die Älteste im Ensemble der FCL-Fussballerinnen, verfügt über viel Erfahrung und Routine und hatte immer ein offenes Ohr für ihre Mitspielerinnen. 24 Jahre spielte sie Fussball, aber alles hat einmal ein Ende. Auch die Karriere der 33-jährigen Rahel Graf. Am 28. Mai war es so weit. Zum letzten Mal einlaufen, zum letzten Mal die Anspannung spüren, zum letzten Mal um den Ball kämpfen. In der 35. Minute wurde sie ausgewechselt, als sie das Spielfeld verliess, gab es Standing Ovations. Nach der Partie, die Luzern in der Women’s Super League gegen die Young Boys mit 3:1 für sich entschied, wurde sie mit weiteren Spielerinnen und Trainer Edvaldo Della Casa verabschiedet. Es gab Blumen, Geschenke, Umarmungen, die eine oder andere Träne und viel Lob und Dank. «Es war sehr schön zu spüren, wie sich meine Teamkolleginnen mit mir freuten.» Eine Woche vor diesem Spiel sei sie sehr ruhig gewesen, «doch einen Tag vorher spürte ich schon eine gewisse Nervosität», sagt sie.
Die aus Pfaffnau stammende Verteidigerin kann auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken. Ihre Laufbahn begann 1998 beim FC Altbüron-Grossdietwil, 19 Jahre spielte sie in der vormaligen NLA, bei den damaligen Vereinen FC Sursee und LUwin.ch, die mehrmals den Cupsieg und den Schweizer-Meister-Titel holten.
62 Spiele für das Nationalteam
2007/2008 machte sie einen kurzen Abstecher zum deutschen Bundesligisten Freiburg, kehrte in die Schweiz zum SC Kriens zurück, der 2014 zum FC Luzern wechselte. Sie bestritt 62 Einsätze mit dem Nationalteam und gehörte zu den ersten Absolventinnen des verbandseigenen Ausbildungszentrums in Huttwil, das heute in Biel beheimatet ist.
Das jahrelange und intensive Training ist nicht spurlos an ihr vorübergegangen. «Ich spürte immer öfter, dass mein Körper mehr Erholung brauchte, hatte häufig Schmerzen, es sind da schon ein paar Baustellen», erklärt sie die Gründe für ihren Rücktritt.
Als Höhepunkt ihrer Karriere nennt sie nicht die Emotionen auf der grossen Bühne, sondern die kleinen Momente. «Die Mannschaft, die wie eine Familie war, die Weekends, die wir zusammen verbracht haben. Wenn einmal im Büro nicht alles rundlief, hat mir am Abend das Training wieder viel gegeben.» Einen sportlichen Moment hebt sie dennoch hervor, den 2:0-Sieg 2021 im Cup gegen Zürich, «weil der nicht erwartet wurde und wir die Favoritinnen bezwingen konnten». Nun heisst es für sie runterfahren, das Knie schonen. Sie erlitt im November 2021 einen Innenbandriss. Sportlich ist sie viel im und am Wasser anzutreffen, geht schwimmen, betreibt Stand-up-Paddling und fährt Velo. «Der Sport hat mir viele Werte fürs Leben mitgegeben: Respekt, Demut, Zielstrebigkeit und Teamfähigkeit. Der Umgang mit Niederlagen im Sport hat mir geholfen, Misserfolge zu akzeptieren, und motiviert mich, jeden Tag an mir und meinen Schwächen zu arbeiten.»
Neue Stelle beim FC Luzern
Rahel Graf, die mit ihrer Partnerin in Wolfenschiessen wohnt, legte auch immer den Fokus auf ihre berufliche Laufbahn. Sie machte die Ausbildung zur Sozialversicherungsfachfrau mit eidgenössischem Fachausweis und arbeitet bei der Suva als Kundenbetreuerin. Zurzeit bereitet sie sich auf Prüfungen vor, denn sie absolviert berufsbegleitend das Bachelorstudium in Sportmanagement an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). Nicht nur sportlich gibt es bei ihr eine Veränderung, auch beruflich betritt sie ein anderes Terrain, eines, das ihr entgegenkommt. Am 1. August tritt sie beim FC Luzern in einem 80-Prozent-Pensum eine neue Stelle an, ist dort unter anderem für die Kunden- und Partnerbetreuung zuständig, für die Sponsoren und den VIP-Bereich. Eine Anstellung, über die sie sich sehr freut: «So kann ich meine Leidenschaft für den Fussball im Beruf einbringen.»
Mit ihrer Erfahrung ist sie prädestiniert, die Entwicklung im Frauenfussball zu beurteilen. «Da ist einiges gegangen», sagt sie. «Die Strukturen haben sich verbessert, ebenso die Trainerausbildung, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung sind grösser geworden, dies auch dank der Übertragungen am Fernsehen. Es kam vor, dass ich nach einem Livespiel am darauffolgenden Montag angesprochen wurde.» Trotzdem könne man noch mehr machen, Verbesserungspotenzial sieht sie auch bei der Vermarktung und Kommerzialisierung, «hier geht schon noch was».
Rahel Graf wird bei den Spielen der FCL-Frauen in Zukunft als Zuschauerin vor Ort sein. «Ich werde vor allem die Emotionen auf dem Platz vermissen und das Team, denn wir waren wie eine Familie.»